Tagebücher

Editionsbericht

 

Die 35 (von 42) erhalten gebliebenen Hefte der Tagebücher Erich Mühsams (1910 bis 1924) befinden sich seit 1936 im Maxim-Gorki-Institut Moskau.

Ausgangsmaterial der vorliegenden Edition sind die Mikrofilm-Kopien der Tagebücher, die 1955 in Moskau angefertigt und im Sommer 1956 an das Archiv der Akademie der Künste, Berlin (DDR), übergeben wurden.

Um 1980 wurde im Verlag Volk und Welt Berlin (DDR) mit der Erschließung dieses Materials begonnen. Es wurden Papierabzüge von den Mikrofilmaufnahmen erstellt, von diesen wurden in mehrjähriger Arbeit Typoskripte angefertigt. Von einigen Teilen des Tagebuchwerks lagen bereits Typoskripte der Akademie der Künste vor.

Der Gesamtumfang der erhalten gebliebenen Tagebücher beträgt ca. 7000 Manuskriptseiten.

1994 erschien im Deutschen Taschenbuch Verlag (dtv) eine Auswahl aus den Tagebüchern (3 Auflagen), die ca. 5 Prozent des Gesamttextes umfaßt und in einer dudengerechten Textfassung geboten wird.

In den Jahren 2004/05 wurden die Typoskripte von ABM-Kräften kostenfrei digital erfaßt.

Versuche, einen Verlag für die Gesamtpublikation zu gewinnen, scheiterten an der Finanzierung. 2009 beschlossen die Herausgeber daher, die Tagebücher vollständig im Internet zu edieren.

Es wurde ein Computerprogramm entwickelt, welches ermöglicht, die Tagebücher für die Darstellung im Webbrowser aufzubereiten, mit dem Register zu verknüpfen, im Volltext durchsuchbar darzubieten sowie alle Begleitfunktionen synoptisch verfügbar zu machen.

2010 vereinbarten die Herausgeber mit dem Verbrecher Verlag Berlin, die Internet-Edition durch eine Buchausgabe zu begleiten, und es wurde ein gemeinsamer Editionsplan aufgestellt.

Das editorische Verfahren umfaßt folgende Arbeitsschritte:

Herstellung der vollständigen Textdatei
Abgleich der Datei mit der Originalhandschrift auf Grundlage der Mikrofilmkopien
Markierung der nicht oder nicht eindeutig lesbaren Textstellen und nicht erschließbaren Schreibungen
Erfassung/Einfügung der Einträge ins Personen- und Sachregister
Herstellung des Wiedergabetextes
Implementierung der Edition in die Online-Darstellung
Herstellung der Registerkommentare, gegebenenfalls mit Verlinkungen ins Internet und zu den ergänzenden Materialien, die in der Rubrik Almanach gesammelt sind
Bereitstellung von ergänzenden Materialien (Text und Bild) in der Rubrik „Almanach“
Herstellung des Textes für die Buchedition aus der Datei des Wiedergabetextes
Korrektur/Herstellung des Textes der Buchausgabe im Verbrecher Verlag
Verfassen einer editorischen Nachbemerkung für jeden Band der Buchausgabe.

 

Editorische Arbeiten nach Erscheinen der Buchausgabe:

Die Online-Edition und das Register für die Buchausgabe werden laufend aktualisiert. Dies betrifft Fehler in der Textfassung sowie Ergänzungen und Fehler im Register.
Druckfehler der Buchausgabe werden in einer Errata-Liste unter der Rubrik „Editorisches“ angezeigt und für spätere Auflagen der Buchausgabe vorgehalten.
Die Edition wird laufend ergänzt durch begleitende Materialien (Mühsam-Texte und Fremdtexte, Bilder und Dokumente).
Für jeden Band der Buchausgabe wird ein Personen- und Sachregister erstellt, das auf jeweils aktuellem Stand heruntergeladen und ausgedruckt werden kann.
Die Funktionalität und Gestaltung der Online-Edition wird bei Bedarf weiterentwickelt.

 

Die Editionsprinzipien:

Die Textwiedergabe im Internet und in der Buchfassung hält sich zeichengetreu an die handschriftliche Vorlage.
Im Internet kann der Text durch Handschriftvergleich in einem Parallelfenster überprüft werden.
Die Textfassung der Buchausgabe ist nicht völlig mit dem Online-Text identisch, weil Korrekturen im Online-Text sofort angebracht werden, in der Buchausgabe erst bei einer Nachauflage. Zitate aus der Buchedition müssen daher mit dem Online-Text und dem handschriftlichen Original abgeglichen werden. Im Falle einer Abweichung wird die Online-Darstellung zur maßgeblichen Quelle des Zitats.
Fehlerquellen der Edition: Bei aller Mühe kommt es angesichts der Textmasse unvermeidlich zu Fehlern in der Textwiedergabe. Neben eindeutigen Transkriptionsfehlern (falsch entzifferte Wörter, übersehene Wörter, Fehler in der Abschrift) ergibt sich eine unbestimmbare Zahl von Zweifelsfällen, die sich entweder gar nicht oder nur durch spätere Erkenntnisse klären und korrigieren lassen. Die Zahl der hier möglichen Fehler wird durch den Umstand vergrößert, daß die Edition in Zweifelsfällen nicht auf den Duden zurückgreift, sondern auf die tatsächliche Schreibung im Original, die nicht immer eindeutig zu bestimmen ist. Erkannte Fehler werden im Online-Text umgehend korrigiert, Fehler in der Buchausgabe werden im Errata-Verzeichnis (Rubrik Editorisches) erfaßt und bei der nächsten Nachauflage berücksichtigt.

 

Editorische Eingriffe:

 

Weil der Handschriftvergleich jederzeit möglich ist, werden die editorischen Eingriffe in den Wiedergabetext auf ein notwendiges Minimum beschränkt. Die Autonomie des Textes soll möglichst wenig durch editorische Eingriffe beeinträchtigt werden.

Die zeichengetreue Textwiedergabe stößt dort an ihre Grenzen, wo die handschriftliche Vorlage nicht lesbar, nicht eindeutig oder typographisch nicht reproduzierbar ist. Hin und wieder enthält der Originaltext auch sinnstörende Schreibirrtümer - fehlende Wörter, verwechselte Wörter, Wörter, die der Autor zu streichen vergaß. Sind Schreibfehler als solche erkennbar und leicht zu erschließen, werden sie unkommentiert wiedergegeben. Sinnstörende Schreibfehler werden korrigiert. Die Korrekturen sind in eckige Klammern gefaßt und sollten selbsterklärend sein. Im Zweifel empfiehlt sich der Handschriftvergleich.

 

Fehlende oder fehlplazierte Wörter oder Zeichen:
„Ja[“], meinte er.
aller[l]ei Hilfsleistungen
daß [es] im Sommer zwei Stunden nach Sonnenaufgang ebenso hell ist
Sollten wir Kinder bekommen, so müßte ich sie zu Juden machen, [will] [um] sie von den Erträgnissen des großväterlichen Erbes nicht auszuschließen.
daß die Besitznahme noch nicht abgeschlossen sind[ist]
Gefühlswärme und lyrische[r] Inbrunst
selbst, wenn [es] man sie kennt

Fragliche Lesarten:
jetzt massen[haft?] mit Frauen und Kindern
Also[?], der Krieg ist etwas Herrliches

Unleserliche oder fehlende Wortgruppen, Wörter oder Wortteile:
Für mich hat nämlich der [mehrere Wörter unleserlich] durchaus
mit [...] Schülermütze und einem gr[...]denen offenen klugen Gesicht

Bei falsch geschriebenen Eigennamen wird der Name entweder in eckiger Klammer wiederholt (Asieri[Asiero]) oder ins Register aufgenommen. Im Online-Text wird das Wort als Link markiert, und nach Anklicken erscheint die korrekte Schreibung mit Kommentar. In der Buchausgabe steht diese Funktion nicht zur Verfügung. Das Stichwort findet sich zwar im ausdruckbaren Register, ist aber unter Umständen schwer aufzufinden, wenn sich aus der korrekten Schreibung eine andere alphabetische Stellung ergibt.

Zeichensetzung: Hier führen fehlende, sinnstörende oder verwaiste Zeichen zu Zweifelsfällen, die von Fall zu Fall geklärt werden müssen. Vom Duden abweichende, aber eindeutig lesbare Interpunktionen werden unverändert wiedergegeben. Nur wenn ein fehlendes oder ein falsch plaziertes Satzzeichen zu einer Sinnentstellung des Satzes führt, wird es in eckigen Klammern ergänzt bzw. korrigiert. Ist die Zuordnung oder das Vorhandensein von Satzzeichen aufgrund der Schreibweise oder Lesbarkeit nicht eindeutig, werden sie nach der zu erwartenden Schreibung typographisch wiedergegeben, ohne daß ein gesonderter Hinweis erfolgt. Dies betrifft fehlende/schlecht sichtbare Punkte am Satzende oder Auslassungspunkte zwischen zwei Sätzen. Die Zahl oder Zuordnung dieser Punkte ist nicht immer klar erkennbar; sie wird deshalb in der Wiedergabe auf drei Punkte mit Leerzeichen davor und danach ... vereinheitlicht. Sind Absätze in der Vorlage nicht eindeutig erkennbar (z. B. nur geringer Einzug), wird nach Ermessen verfahren.

Nachträgliche Ergänzungen, Streichungen, Überschreibungen, Korrekturen und Einschübe in der Handschrift werden in der Wiedergabe nicht markiert.

Veraltete Zeichen für Pfennig, Pfund und andere, für die es keine typographische Entsprechung gibt, werden ohne gesonderten Hinweis in Volltext oder den heute verwendeten Kürzeln wiedergegeben.

Fußnoten, die in der Handschrift am Seitenende stehen, werden im Online-Text am Ende des Tageseintrags wiedergeben, in der Buchfassung ebenfalls am Fuß der betreffenden Seite.

Weggelassen werden in der Textwiedergabe die fortlaufende Paginierung der Originaltagebücher und der entsprechende handschriftliche Hinweis auf den Titelseiten der Hefte.

 

Zum Register:

 

Das kommentierte Personen- und Sachregister erfaßt alle Tagebuchhefte und wird beim Hinzukommen neuer Hefte oder korrigierter Einträge automatisch aktualisiert. Personen werden im Register unter ihrem Hauptnamen erfaßt (soweit bekannt), auch wenn sie im Text unter anderen Namen/Bezeichnungen oder in anderer Schreibung auftreten. Das Register verweist nicht auf Seitenzahlen, sondern auf das Datum der Tageseinträge. Die Kerndaten zu einer Person (Geburts- und Sterbejahr; Lebenstätigkeit) werden gegebenenfalls ergänzt

durch einen oder mehrere Links zu Artikeln im Internet, oft zu Wikipedia
durch Kurzbiographien nach jeweiligem Kenntnisstand, falls das Internet keine ausreichenden Informationen bietet
falls nötig, durch weitere Erläuterungen zum Auftreten der betreffenden Personen in den Tagebüchern
durch Text- und Bildmaterialien, soweit vorhanden.

 

Für jeden Band der Buchausgabe wird ein Registerauszug erzeugt. Die jeweils akuelle, um Korrekturen und Ergänzungen bereicherte Version kann bei der Anzeige der betreffenden Tagebuchhefte oder der Rubrik Register heruntergeladen und ausgedruckt werden.

 

Außerdem

 

Leser, die Fehler in der Online-Edition oder in der Buchausgabe oder im Register entdecken oder Vorschläge machen möchten, setzen sich bitte mit den Herausgebern in Verbindung – am einfachsten über das Kontaktformular.

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